Betroffene berichtet in Brief von sexuellem Missbrauch in Kevelaer

Bistum räumt Versäumnisse ein und bittet mögliche weitere Betroffene, sich zu melden

Kevelaer/Münster (pbm/sk). In einem persönlich an Gregor Kauling, den leitenden Pfarrer von St. Marien Kevelaer, gerichteten Brief berichtet eine Frau davon, dass sie Mitte der 1980er Jahre als Kind von einem heute noch lebenden, damals dort tägigen Kaplan G. H. (Anm. d. Red. Der Name des Seelsorgers wird aus Datenschutzgründen nicht genannt, der Geistliche war seit 1988 in Bad Waldliesborn als Pfarrer eingesetzt) über einen längeren Zeitraum sexuell missbraucht worden ist. Die Missbrauchshandlungen fanden im Rahmen der Beichte statt. Der Brief wurde in Absprache mit der Betroffenen am 2. und 3. November von Pfarrer Kauling in Gottesdiensten der Pfarrei St. Marien verlesen.

Der Vorgang war dem Bistum Münster seit 2010 bekannt. Die betroffene Frau hatte damals jedoch ausdrücklich verlangt, dass der Sachverhalt nicht öffentlich gemacht wird und auch, dass die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet werden darf. Das Bistum hatte den Sachverhalt nach Rom an die Glaubenskongregation gemeldet. Nach Abschluss der dortigen Prüfungen wurden dem Geistlichen in einem Dekret seelsorgliche und priesterliche Tätigkeiten nur in einem vom Bistum zugewiesenen Bereich gestattet.

Die Betroffene hat sich dann Ende 2016/Anfang 2017 erneut beim Bistum gemeldet, weil der Geistliche – trotz entsprechender Auflagen – weiterhin öffentlich Gottesdienste feierte. Im Anschluss an diesen Hinweis wies der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, den Geistlichen schriftlich darauf hin, dass eine Zelebration nur eine Ausnahme sein dürfe und ihm nur erlaubt sei, wenn nicht mit einer großen Öffentlichkeit zu rechnen sei.

Pfarrer Kauling wurde an Weihnachten 2018 von der betroffenen Frau über den erlittenen sexuellen Missbrauch in Kenntnis gesetzt. Im Laufe des Jahres 2019 führte die Betroffene verschiedene Gespräche, unter anderem mit Pfarrer Kauling und mit Peter Frings, dem Inter-ventionsbeauftragten des Bistums Münster. Im Anschluss an eine Beratung durch eine Rechtsanwältin und in Absprache mit dieser hat die Betroffene nun den Schritt in die Öffentlichkeit gemacht. Es geht ihr vor allem darum, durch diesen Schritt mit dazu beizutragen, dass sich möglicherweise weitere Betroffene melden. Auch möchte sie deutlich machen, dass auch Frauen Opfer sexueller Übergriffe/Misshandlungen in der Kirche waren.

Das Bistum Münster räumt ein, dass man es nach den ersten Hinweisen auf öffentliche Zelebration durch den Geistlichen versäumt hat, diesen mit der entsprechenden Konsequenz nachzugehen. Mittlerweile wurde dem Priester vollständig untersagt, in der Öffentlichkeit Gottesdienste zu feiern. Bischof Genn hat gegenüber der Frau in einem persönlichen Schreiben bedauert, dass die seitens des Bistums ausgesprochenen Auflagen nicht konsequent eingehalten wurden.

Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, betont, dass man den Aussagen der Betroffenen, die auch durch entsprechende Hinweise in der ‚Missbrauchsakte‘ des Geistlichen bestätigt würden, glaubt. Außer dem nun öffentlich gewordenen Fall sind dem Bistum bisher keine weiteren Hinweise oder Meldungen bekannt. Frings bittet darum, dass sich möglicherweise andere Betroffene bei den Ansprechpersonen für Verfahren bei Fällen sexuellen Missbrauchs melden: Bernadette Böcker-Kock: 0151-63404738; Bardo Schaffner: 0151-43816695.

Die Pfarrei St. Marien Kevelaer lädt zu einem Gesprächsabend ein, bei dem es um das Thema des sexuellen Missbrauchs und des Umgangs damit gehen soll. Dieser findet statt am Mittwoch, 6. November um 19.30 Uhr im Petrus-Canisius-Haus Kevelaer, Luxemburger Platz 1. Gesprächsteilnehmer werden unter anderem sein: Pfarrer Gregor Kauling, Bernadette Baldeau, Präventionsfachkraft der Pfarrei St. Marien, Peter Frings, Interventionsbeauftragter Bistum Münster.

Einladung zum Infoabend am 7. November in Bad Waldliesborn

Im Zusammenhang mit der Presseinformation des Bistums Münster wurde auch der Name der Pfarrei in Wadersloh/Bad Waldliesborn genannt. Da solche Meldungen auch vor Ort in den Gemeinden immer zu Irritationen oder Verunsicherungen und Nachfragen führen, lädt die Pfarrei St. Margareta ebenfalls zu einem Informationsabend ein. Dieser findet am Donnerstag, 7.11.2019, 19.30 Uhr im Pfarrheim ‚Die Brücke‘ statt. An dem Abend geht es um das Thema des Umgangs mit dem sexuellen Missbrauch im Bistum Münster.

Als Gesprächspartner stehen an diesem Abend zur Verfügung:

Pfarrer Martin Klüsener (Leitender Pfarrer der Pfarrei St. Margareta Wadersloh), Peter Frings (Interventionsbeauftragter Bistum Münster) und Domink Potthast (Präventionsbeauftragter der Pfarrei St. Margareta Wadersloh)


Pfarrer G.H. war an folgenden Orten in folgenden Funktionen tätig:

  • 1977 Aushilfe in Selm (Bork) St. Stephanus
  • 1977 Kaplan in Damme St. Viktor
  • 1981 Kaplan in Kevelaer Basilika St. Marien
  • 1988 Pfarrer in Lippstadt (Bad Waldliesborn) St. Josef
  • 1994 Leiter des Pfarrverbandes Wadersloh
  • 1998 erneut Leiter des Pfarrverbandes Wadersloh
  • 2001 Dechant im Dekanat Beckum
  • 2004 zusätzl. Pfarrverwalter in Langenberg (Benteler) St. Antonius
  • 2005 zusätzl. Pfarrverwalter in Wadersloh (Liesborn) Ss. Cosmas und Damianus
  • 2007 erneut Dechant im Dekanat Beckum
  • 2010 Pfarrer em. in Wadersloh (Bad Waldliesborn) St. Josef

Quelle: Pressemitteilung Bistum Münster, Bischöfliche Pressestelle/Region Niederrhein,
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