Predigt zum 2. Sonntag nach Weihnachten: Die Kraft des kleinen Anfangs

Predigtanregung für den 2. Sonntag nach Weihnachten von Pater Maria John

Krippe in Bad Waldliesborn

Vor einigen Jahren habe ich in der Adventszeit die größte Weihnachtsausstellung in den Niederlanden in der Stadt Arnheim besucht. Es gab alles zum Thema Weihnachten. Aber: Es gab keine einzige Krippe mit der Darstellung der Heiligen Familie mit dem Christuskindkind, dessen Kommen wir in diesen Tagen und Wochen gefeiert und besungen haben.

Das zentrale Ereignis, ohne das es überhaupt kein Weihnachten gäbe. Und auch alle Jahre wieder erteilt das Christuskind dem neuen Jahr seinen Segen, trotz Hufeisen, Glücksschweinchen oder Schornsteinfegern.

Das noch junge Jahr wird wachsen, weil Gott es groß werden lässt. Auch Gott hat klein angefangen, als er uns seine maßlose Liebe zeigen wollte im Kind. Wie schon vor fast 2000 Jahren im griechischen Ephesus, als eine kleine Gemeinschaft von Menschen, die an Jesus Christus glaubten, sich zusammenfand, obwohl keiner von ihnen Jesus, den sie Christus nannten, je gesehen hatte.

Gott bekam ein menschliches Gesicht in Jesus Christus.Und wir brauchen diese Erinnerung an seine Geburt in der Krippe! Auch heute noch, vielleicht mehr denn je. Denn sie will uns auch sagen: Wir sind nicht allein. Wir sind immer noch eine starke Gemeinschaft, die ihren Glauben zum Leben bringt. Die Kirche hat sich im Lauf der Geschichte immer wieder gewandelt.

Sie hat auch heute eine Gestalt, die sicher ganz anders ist als in den Anfängen wie damals in Ephesus. Ein wenig erinnert das heute auch wieder an die Anfänge, an die kleinen Gemeinschaften wie in Ephesus, in Rom oder in Korinth. Aus Kleinem ist etwas Großes geworden, und Größe ist immer auch Versuchung zur Macht, eine Versuchung, der auch die Kirche Jahrhunderte lang erlegen ist. Wenn heute in unserer Kirche aus Großem Kleines wird, dann geht auch viel von Einfluss und Macht verloren. Es bleibt aber die Kraft des Glaubens, die Kraft der Liebe der Menschen zueinander, die Kraft der Hoffnung auch im Angesicht von Sorge, Angst und Leid.

Die Gemeinde von Ephesus hatte einen kostbaren Schatz: ihren Glauben an Jesus Christus. Die Menschen hatten verstanden: Dieser Gott hat etwas mit ihrem Leben zu tun. Er brauchte keine Opfer, keine Leistungen, denn da war sein Sohn, Jesus Christus, der durch seine Menschwerdung so eindeutig gezeigt hatte, wo Gott stand: an der Seite der Menschen, in der Geschichte der Menschen.

Durch Jesus Christus ist Gott in eine Beziehung zu uns getreten, wie sie enger nicht sein kann. Er hat uns, so schreibt es Paulus in seiner ihm eigenen Sprache, zu Söhnen gemacht, zu Kindern, weil er uns etwas gegeben hat von seiner Kraft der Hoffnung, von seiner Freiheit, die aus dem Vertrauen in die Nähe und den Segen Gottes wächst.

Und wir haben immer noch guten Grund zur Hoffnung, auch dann, wenn wir als christliche Gemeinde immer kleiner werden. Damals in Ephesus waren sie auch nicht viele. Aber sie waren unübersehbar lebendig, und sie blieben mit ihrem Glauben am Leben. Auch eine kleine Hoffnungs- und Glaubensgemeinschaft kann immer noch die Welt verändern.

Wir dürfen da auch noch einmal auf das Kind in der Krippe schauen. Gott hat ganz klein angefangen mit uns Menschen. Aber dieses Kind ist groß geworden, wurde für uns zum Anfang unserer Freiheit, zum Grund unserer Hoffnung. Das Wachsen eines Kindes braucht Zeit. Und vieles, was klein ist, braucht Zeit zum Wachsen. Und diese Zeit kennt Gott. Darauf dürfen wir vertrauen. Das dürfen wir einfach, mit aller Einfalt des Herzens, glauben.

von Pater Maria John