Nachlese zum Konzert am 4. Advent in St. Margareta

Der heute 67 Jahre alte Komponist und Chorleiter Bob Chilcott  ist auch über sein Heimatland England hinaus schon lange kein Unbekannter mehr: Seine Chorwerke sind bereits von  führenden Chören ins Repertoire aufgenommen. Eines seiner jüngeren Werke, das Christmas Oratorio, im Jahre 2019 erstmals veröffentlicht, erlebte am gestrigen Sonntag in der Wadersloher Pfarrkirche St. Margareta seine Erstaufführung im Bistum Münster, nachdem das Werk im Jahre 2021 bereits in der Diözese Paderborn erklungen ist. Martin Klüsener, Leitender Pfarrer in Wadersloh, konnte mit großer Zufriedenheit und Dankbarkeit  eine bis auf den allerletzten Platz besetzte Zuhörerschaft – es mögen rund 600 Besucher gewesen sein – und eine Schar von mehr als einhundert Mitwirkende begrüßen, die sich in der Vorbereitung des bevorstehenden Weihnachtsfestes eingefunden hatten. Der Pfarrer wies auch darauf hin, dass sich neben dem Mehr-Generationen-Chor Diestedde der Kammerchor Wadersloh und das Ensemble Musikus Diestedde zum Projektchor eingefunden hatten.

Verantwortlich für dieses anspruchsvolle Unternehmen war der Gründer und Leiter des Mehr-Generationen -Chores  Diestedde, Raúl Huesca Valverde, in der Vorbereitung unterstützt von der Leiterin des Kammerchores Dr. Elena Potthast-Borisovetz.

Nicht enden wollte der Einzug der zahlreichen Sängerinnen und Sänger, die vom Bläserquintett Embrassy mit den Klängen einer Händel-Ouvertüre begleitet in die Kirche einzogen und ihren Platz auf dem Konzertpodium einnahmen.

Das Werk von Bob Chilcott unterscheidet sich u. a. insofern von ähnlichen Kompositionen, als es inhaltlich über die eigentliche Erzählung  der Weihnachtsgeschichte hinaus mit Verkündigung durch Gabriel beginnt und mit der Begegnung des Simeon endet.

Den Hauptanteil des rund einstündigen Oratoriums leistete der Chor, der an den meisten der 17 Abschnitte beteiligt war und die hohen Anforderungen des Werkes mit erstaunlicher Klangwirkung und Perfektion zur höchsten Begeisterung der Zuhörer souverän meisterte. Nicht nur die leisen Partien wurden warm und wohltuend klingend wahrgenommen, auch die lauten Turba-Klänge imponierten durch Schönklang, der auch die Crescendi und Decrescendi  beherrschte. Die Unisono-Melodien gingen über in teilweise schwere Partien, die durch die saubere Intonation der Sängerinnen dissonante Klangbilder  zu harmonischen Gefügen wachsen ließen und auch das Zusammenwirken mit den Solisten eine wohltuende Klanglandschaft entfalteten. Eine außerordentlich Leistung eines Laienchores, der nicht nur in allen Stimmen wohltuend ausgeglichen wirkte, sondern auch die zweifellos für manche Sängerinnen und Sänger schwierige Hürde der englischen Originaltexte schaffte.

Dass das begleitende Bläserquintett Embrassy, bestehend aus den Trompetern Gerd Radeke und Jochen Schiel, die Hornistin Paola Martinez, Ting-Yu Lin an der Posaune und dem Tubisten Thomas Tirler, erweitert um den Flötisten Gary Wolf und dem Paukisten Tilman Muth Vollprofis sind, erfuhr man nicht nur beim Vortrag der klangvollen Händel-Ouvertüre, sondern bei allen Begleitpartien, die äußerst sauber und klangvoll und mit auffallend sensibler Spielweise den Chor stützten. Besondere Erwähnung verdient  der Flötist, der insbesondere bei den Rezitativen seinen solistischen Auftrag sowohl klanglich als auch rhythmisch brillant erfüllte.

Jan Henryk Rentel hatte mit seiner Harfe den äußerst anspruchsvollen Auftrag, mit virtuos anmutenden Tonfolgen das traditionelle Cembalo als Begleitinstrument zu ersetzen, ein großartiger Einfall des Komponisten, der die accompagnato-Praxis in einem neuen Effekt erscheinen lässt. Er verlieh dadurch den Rezitativen eine besondere Wirkung und Spannung.

Andreas M. Döring erfüllte an der Orgel seinen Part als Begleiter mit Souveränität und Einfühlung.

Bei den drei Gesangssolisten ist an erster Stelle der Tenor Stephan Hinssen zu nennen, der die Rollen des Evangelisten und des Gabriel übernommen hat. Mit souveräner Leichtigkeit, aber auch spannender Erzählmanier meisterte er die zum Teil sehr langen Rezitative und setzte insbesondere bei den eher lyrischen Partien seine wunderbare Tenorlage ein. Der Mezzo-Sopranistin Heike Hallaschka waren die Partien der Maria und des Engels zugeschrieben, die sie mit ihrer angenehmen Stimmlage mit Leichtigkeit erfüllte. Der Bassist Bastian Röstel hatte kompositionsbedingt mit den Rollen des Herodes und des Simmeon nur eine kleine Funktion, die er ebenfalls makellos ablieferte.

Alle Besucher erhielten zum Konzerteinlass ein eindrucksvoll gestaltetes Heft mit Bildern und Meditationstexten, die Georg Michael Ehlert, der Wallfahrtspfarrer von Stromberg, geschaffen hat. Eine vorweihnachtliche Geste, die der Bedeutung dieses Abends betonte.

Im Mittelpunkt der Aufführung des Weihnachtsoratoriums, welches von zwei Liedsätze des Kammerchores und des Ensembles Musikus unter Beteiligung des Publikums und dem abschließenden Halleluja von Händel umrahmt wurde, stand der Initiator  des Abends, Raúl Huesca Valverde, der das von ihm gegründete Mehr-Generationen-Chorgebilde wieder zu einem künstlerischen Höhepunkt geführt hat, der in der weiten Region seinesgleichen sucht. Ein für die Sängerinnen und Sänger, aber auch für die Zuhörer völlig neues Werk, welches zweifellos bei der Einstudierung an zahlreichen Stellen für den Chor gewöhnungsbedürftig war! Die Sängerinnen und Sänger trotz der die Probenarbeit sehr beeinträchtigenden Corona-Krise bei der Begeisterung zu halten, ist eine Leistung, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Valverde hat es geschafft, den Chor zu einer makellosen, sehr fordernden, und anspruchsvollen Leistung  zu bringen, über den ganzen Abend Spannung zu halten und den berühmten Funken zum Sprühen zu bringen, der alle Mitwirkenden und Zuhörern Begeisterung entlockte. Ihm gilt besonderer  Dank und hohe Anerkennung. Nicht enden wollte der Applaus mit Standing Ovations, als die Chorsänger zufrieden und beglückt das Podium verließen.  Herzlichen Glückwunsch und Dank allen Mitwirkenden für dieses großartige Vorweihnachtsgeschenk, herzlichen Glückwunsch der Gemeinde Wadersloh und der gesamten Region zu dem großen Kulturereignis und dessen erfolgreicher Durchführung, herzlichen Glückwunsch besonders an Raúl Huesca Valverde.

Dr. Burkhard Löher